Im vorangegangenen Blogbeitrag haben wir bereits die wichtigsten Grundlagen zum Thema Kompetenzmanagement/ Skill-Management dargestellt. Hier soll es nun genauer um Kompetenzmodelle gehen und warum man diese sowie das Kompetenzmanagement allgemein am besten agil gestalten sollte. Hierzu steigen wir zunächst mit der Erklärung ein, was agil in diesem Kontext überhaupt bedeutet.
Was bedeutet agiles Kompetenzmanagement?
Im agilen Kompetenzmanagement geht es vor allem darum sich an Instrumenten, wie zum Beispiel agilen Modellen zu bedienen, um schlussendlich HR-Prozesse, wie die Kompetenzentwicklung, im Unternehmen zu fördern. Die Agilität wird in diesem Fall benötigt, um schnell und kurzfristig auf Veränderungen und neue Anforderungen reagieren zu können, was das ganze Thema effizienter gestaltet. Im klassischen Vorgehen bei der Entwicklung eines Kompetenzmodells nach dem Wasserfall Prinzip, ist dies nicht immer gegeben. Es ist zeitaufwändiger und bedarf mehr Ressourcen.
Im agilen Skill-Management ist die nötige Flexibilität vorhanden, um mit der Zeit zu gehen, sich ständig an Veränderungen anzupassen und Kompetenzen eben nach Bedarf festzuhalten, neu hinzuzufügen oder bereits bestehende weiterzuentwickeln. Diese Aspekte lassen sich auch auf die Entwicklung von Kompetenzmodellen übertragen, die im folgenden Abschnitt noch genauer erläutert werden.
Kompetenzmodelle entwickeln – klassisch vs. agil
Es gibt verschiedene Wege an ein Kompetenzmodell zu gelangen. Es kann zum Beispiel extern eingekauft, Vorlagen verwendet, die im Unternehmen individuell angepasst werden oder es wird direkt selbst im Unternehmen entwickelt.
Zudem gibt es verschiedene Entwicklungsansätze. Kompetenzen können klassischerweise basierend auf den Unternehmenswerten, auf der Grundlage von Kompetenzen aus erfolgreichen Studien oder eigenen Erhebungen entwickelt werden. Sie können jedoch auch aus der Unternehmensstrategie und den vorhersehbaren Anforderungen abgeleitet werden. Dies ist eher die klassische Methode mit entsprechendem Top-Down-Vorgehen. Hier wird jedoch oft sehr viel Zeit benötigt, bis alle Kompetenzen bis zur letzten Stelle ausgearbeitet sind und dieser Prozess zieht sich oftmals über Monate oder sogar Jahre hin. Zudem ist dieser Entwicklungsprozess sehr schwerfällig und das Modell erweist sich im Nachhinein oft als nicht so leicht veränderbar. Aufgrund des Ausmaßes sind solche klassischen Modelle für kleine oder mittlere Unternehmen meist nicht umsetzbar.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Skills in einem agilen Modell festzuhalten, welches komplett selbst vom Unternehmen erarbeitet und im Laufe der Zeit immer wieder ergänzt und aktualisiert werden kann. Diese Methode bringt im Vergleich zur klassischen Modellentwicklung einige Vorteile mit sich.
- Einfach und schnell starten: Normalerweise ist der Anfang immer die größte Hürde. Doch nicht beim agilen Modell. Denn dies hat nicht den Anspruch sofort vollständig und bis ins letzte Detail entwickelt zu werden, sondern ergibt sich im Prozess. Hierdurch kann einfach ohne große Vorbereitung mit einem Entwurf gestartet werden.
- Steigern Motivation: Notwendige Prozesse können hier vereinfacht werden, da immer nur bei einem sich organisch entwickelnden Bedarf am Modell gearbeitet werden muss und daher keine Zeit oder Mühe unnötig investiert wird. Denn Anforderungen werden sich im Laufe der Zeit immer ändern. Diese Veränderungen sollten daher akzeptiert und miteinberechnet werden.
- Einfaches System: Das agile Modell kann ganz einfach ohne spezielle Vorkenntnisse festgehalten werden, da es sich ständig wieder verändern kann. Es braucht keine spezielle Schulung oder ein kompliziertes System für die Darstellung.
Alles in allem ist das agile Kompetenzmanagement aufgrund der genannten Punkte sehr schonend für zeitliche und finanzielle Ressourcen des Unternehmens. Eine andere Herausforderung, die sich bei der Entwicklung von Modellen jedoch immer ergibt, ist die Entscheidung, welchen Detailgrad diese besitzen sollen.
Detailgrad von Modellen
Wenn ein Kompetenzmodell entwickelt werden soll, stellt sich am Anfang immer die Frage wie dieses aufgebaut sein muss und wie detailreich es überhaupt sein soll. Ob es zum Beispiel für die ganze Organisation einheitliche Kompetenzen geben soll oder nur für die Managementebene, Abteilungsebene oder für jede einzelne Stelle. Hierbei gibt es verschiedene Ansätze oder Strukturen, für die man sich entscheiden kann.
One-Size-Fits-All-Ansatz
Hier werden für jeden einzelnen Job Kompetenzmodelle entwickelt. Dies kann jedoch auch schnell zu einem sehr hohen Aufwand führen. Daher muss hier besonders gut definiert werden, was ein einzelner Job überhaupt ist. Dieser Ansatz ist genau wie der One-Size-Fits-All-Ansatz sehr einseitig und in diesem Fall zu spezifisch, da die ganzheitliche Betrachtungsweise auf Organisationsebene fehlt.
Single-Job-Ansatz
Kompetenzen können auch durch eine Beobachtung im natürlichen oder künstlichen Setting erfasst werden.
Im natürlichen Setting werden die Mitarbeiter:innen in ihrem tatsächlichen Arbeitsalltag beobachtet. Die Ergebnisse davon werden dann später bei der schriftlichen Dokumentation aus dem Gedächtnis des Beobachters abgerufen. Damit diese Beobachtungen nicht wahllos stattfinden, muss zuvor bestimmt werden, welches Verhalten und welche Situationen genau zu beobachten sind, um Kompetenzen zu messen. Das bedeutet das Verfahren sollte in gewissem Maße standardisiert und systematisch ablaufen. Diese Variante ist in der Praxis jedoch kaum realistisch umsetzbar für Unternehmen mit einem normalen Geschäftsalltag, wir wollten die Möglichkeit hier jedoch trotzdem kurz erwähnen.
Im künstlichen Setting oder auch simulationsorientierten Verfahren, werden die Kompetenzen anhand von simulierten Arbeitsaufgaben wie beispielsweise Arbeitsproben gemessen. Die Arbeitssituation ist hier zwar künstlich erzeugt, kommt der Realität jedoch oft sehr nah und kann daher anschließend von entsprechenden Expert:innen genauso gut beurteilt werden. Dieses Verfahren ist sinnvoll, wenn eine Überprüfung der im Arbeitsleben erlernten Kompetenzen stattfinden soll, die die Grundlage für zum Beispiel eine Zertifizierung sind. Hier kann der aktuelle Stand einer Person gemessen werden und festgestellt werden, welche Aufgaben mit den vorhandenen Kompetenzen gut bewältigt werden können und wo evtl. noch Entwicklungsbedarf besteht. Der Vorteil hierbei ist, dass die Person die Arbeitsprobe aller Wahrscheinlichkeit nach gewissenhaft und so gut wie möglich erledigen wird, da sie weiß dass die Ergebnisse direkt kontrolliert werden. Es dürfte also relativ gut festzustellen sein, was die Person tatsächlich für Kompetenzen hat.
Nun haben wir die Möglichkeiten der Messung vorgestellt. Doch an diesem Punkt stellt sich dann die Frage wie das ganze umgesetzt werden kann. Mit Papier und Stift? Oder gibt es nicht doch bessere Wege die Ergebnisse systematisch zu erfassen und somit überhaupt erst nutzbar zu machen? Darum geht es jetzt im nächsten Abschnitt.
Multiple-Job-Ansatz
Dieser Ansatz stellt eine Mischform der eben genannten Varianten dar. Es werden sowohl Job-spezifische fachliche als auch job-übergreifende überfachliche Kompetenzen betrachtet und festgehalten. Zudem wird hier auch unterschieden, ob bestimmte Kompetenzanforderungen organisationsspezifisch sind oder allgemein gültig auch für andere Lebensbereiche. Dieser Ansatz ist vor allem mit dem agilen Skill-Management sehr kompatibel, da hier mit einigen Jobs begonnen werden kann und mit der Zeit bei Bedarf weitere in das Kompetenzmodell hinzugefügt werden können. Zudem kann bei spezifisch festgestellten Entwicklungsbedarfen direkt geschaut werden, ob diese Kompetenzen auch für andere Jobs relevant sind oder werden könnten. Ein derartiges Modell sollte in einer geordneten und hierarchischen Struktur festgehalten werden und Kompetenzen eindeutig beschrieben werden. Denn am Ende soll es einem ermöglichen einfach herauszulesen, welche Aufgaben im Unternehmen durch welche Kompetenzen bzw. Verhaltensweisen bewältigt werden können.
Aufgrund der Betrachtung von verschiedenen Ebenen und Perspektiven ist der Multiple-Job-Ansatz für ein agiles Kompetenzmodell also am meisten zu empfehlen. Nachdem jedoch ein Modell erstellt wurde, stellt sich eine neue Frage, nämliche wie Kompetenzen dann am Ende gemessen werden können, um Entwicklungen zu evaluieren. Diese Frage werden wir zeitnah in unserem nächsten Artikel behandeln.
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